Célestin Freinet

1896 - 1966


1896 geboren und als Bauernsohn selbst ein "gebranntes" Kind der traditionellen Schule, versucht 1920 als Dorfschullehrer von Anfang an eine andere Erziehung zu entwickeln. Er sucht Wege, innerhalb der staatlichen Regelschule unter einfachen materiellen Verhältnissen, eine Pädagogik des Volkes zu begründen. Er fordert einen lebendigen, lebensfrohen Unterricht, der an schöpferischer, eigenständiger und produktiver Arbeit orientiert ist.
Lernen in der Schule heißt für ihn, den Kindern Mittel und Techniken zu geben, mit denen sie selbstständig forschend Fragen aus ihrer Lebenswelt beantworten können.

Stationen im Leben von Célestin Freinet

1896
Freinet wurde am 15. Oktober als fünftes von acht Kindern einer Bauernfamilie in einem kleinen Dorf in der Provence geboren. Seine eigene Schulzeit erlebte der aufgeweckte und freiheitsliebende Junge als Qual. Diese Erfahrungen prägten Anschauungen und Handeln des späteren Pädagogen ebenso wie seine enge Verbundenheit mit der Natur, Land und Leute.

 

1915
zum Kriegsdienst eingezogen, erlitt Freinet eine schwere Lungenverletzung. Seine Kriegserfahrungen machten ihn zeitlebens zum überzeugten Pazifisten. (Seine Lungenverletzung übrigens führte etliche seiner Biographen zur Vermutung, er habe seine „Pädagogik der Selbsttätigkeit” entwickelt, um einen langen Schultag überhaupt durchstehen zu können.)

 

 

1920
Trotz der Verletzungsfolgen schaffte es Freinet, seine erste Lehrerstelle in der winzigen, armselig ausgestatteten Dorfschule von Bar-sur-Loup anzutreten. Hier entstand nun Anfang der 20er Jahre die „Freinet- Pädagogik”, als mehrere Kollegen sich zusammentaten und versuchten, Unterricht gemeinsam zu verändern. Um die lebensfremde Atmosphäre aus seiner Klasse zu verbannen, verließ der junge Lehrer bald nachmittags mit den Kindern die Schule und beobachtete Bauern und Handwerker bei ihrer Arbeit. Anschließend verfassten die Kinder Texte über ihre Eindrücke und machten sich in der Schule mit handwerklichen Tätigkeiten vertraut.

 

 

1923
kaufte Freinet eine Druckerpresse und ließ seine Schüler freie Texte ohne vorgegebenes Thema schreiben und drucken. Bald entstanden daraus Klassenzeitungen. Die Praxis des freien Textes und der Schuldruckerei ersetzten allmählich die herkömmlichen Schulbücher und halfen, „den Kindern das Wort (zu) geben”. Die Druckerei wurde zum Symbol der rasch wachsenden „Freinet- Bewegung”, die untereinander durch ein Netz von Kooperation; Korrespondenz, sowie Treffen und Tagungen verbunden war.

 

 

1924
gründeten Freinet und zahlreiche gleich gesinnte Kollegen eine „Kooperative”, die pädagogische Zusammenarbeit organisierte und Arbeitsmittel und Materialien herausgab (Cooperative de l Ènseignement Laic, C.E.L.),aus der allmählich die französische Lehrerbewegung der „Ecole Moderne” hervorging. Ihr Ziel war es, die alte Buch- und Paukschule von innen heraus umzugestalten- durch die Kooperation zwischen einer stetig wachsenden Zahl von Lehrer/innen. Ihre politischen Absichten unterschieden diese Bewegung von anderen reformpädagogischen Strömungen: Als „Pädagogik des Volkes” erstrebte sie emanzipatorische Ziele und ergriff Partei für die Kinder der Unterprivilegierten.

 

 

1926
produzierte Freinet seine erste eigene Schuldruckpresse und entwickelte in den Folgejahren noch einfachere, handlichere Modelle, um die Schuldruckerei massenhaft verbreiten zu können. Immer mehr französische Schulkassen traten in Korrespondenz und tauschten Texte, Klassenzeitungen und Arbeitsergebnisse aus. Im gleichen Jahr heiratete er Elise, Zeit seines Lebens seine engste Mitarbeiterin. Freinet arbeitete aktiv in der Gewerkschaft und wurde Mitglied der Französischen Kommunistischen Partei, die ihn Anfang der 50er Jahre wieder ausschloss. (er und seine pädagogische Bewegung lassen sich nicht auf „Parteilinie” bringen.)

 

 

Biographie
1927
fand der erste Kongress der „Ecole Moderne” statt, der fortan jährlich stattfand. Die „Kooperative” vertrieb Druckereien, Arbeitskarteien, die „Nachschlagekiste” und Lesehefte; Arbeitsmittel, die nun endgültig die Schulbücher verdrängten und selbst organisierte „Freie Arbeit” ermöglichten.

 

 

1928
wechselten Freinet und seine Frau nach St. Paul de Vence an eine Schule, an der beide unterrichten konnten. Die wachsende pädagogische Bewegung, die die Grundlagen der bestehenden Schule in Frage stellte, brachte heftige Konflikte mit der Schulbürokratie mit sich.

 

 

1932
berichteten Schüler Freinets in einem freien Text über ein kirchliches Fest, bei dem auch der Pfarrer betrunken war. Daraufhin brach ein offener Schulkampf aus, der sich bald zu einer brisanten schulpolitischen Auseinandersetzung auf nationaler Ebene entfaltete, die mit der Entlassung Freinets aus dem Schuldienst endete.

 

 

1935
eröffneten Celestin und Elise Freinet ein privates Landeserziehungsheim in Vence, das bald zum Zentrum praktischer pädagogischer Forschung wurde. Im Zentrum der Schule stand die praktische, sinnvolle, schöpferische und die das Kind entfaltende Arbeit. Mit dem Sieg der französischen Volksfront erfuhr die Freinetbewegung einen weiteren Aufschwung, bevor ihr durch die faschistischen Regierungen und den 2. Weltkrieg ein Ende gesetzt wurde.

 

 

1940
wurde Freinet in ein Internierungslager gebracht. Während dieser Zeit verfasste er grundlegende pädagogische Arbeiten. Nach seiner Entlassung organisierte er an führender Stelle die regionale Widerstandbewegung („Resistance”) mit. Gleich nach Kriegsende fand der erste Kongress der Nachkriegszeit statt. 1946 erschien sein Buch „LÈcole Moderne Francaise”, in dem er seine pädagogischen Ideen zusammenfasste. Er konnte seine Privatschule wieder eröffnen.

 

 

1948
begründete Freinet das „Institut Cooperative der LÈcole Moderne„ (ICEM”), dessen Arbeitsschwerpunkt die Erprobung, Weiterentwicklung und der Vertrieb von Arbeitsmitteln war, und das regionale Lehrertreffen koordinierte.

 

 

1961
wurde die „Federation Internationale des Mouvements de LÈcole Moderne” (FIMEM) ins Leben gerufen, die zur Koordinierung der Freinet- Bewegung in verschiedenen Ländern dienen sollte. Aus der Kooperation weniger französischer Volksschullehrer war eine internationale pädagogische Reformbewegung geworden.

 

 

1966
am 8. Oktober starb Celestin Freinet in Vence.